Kategorien
Rhetoriktipp

#Rhetoriktipp 65 Abstand halten – Der Körperabstand zwischen Menschen beeinflusst die Kommunikation stark

Auf der Messe in Köln habe ich erneut beobachtet, wie häufig Menschen, vor allem Männer den gelebten Körperabstand bewusst unterschreiten, um so mehr Einfluß auszuüben.

Ich empfehle den Körperabstand ganz bewußt zu beachten, denn ein angemesserner Abstand zwischen zwei Menschen fördert die Atmosphäre eines jeden Gesprächs und ist in Vorträgen sehr wichtig.Körperabstand - Distanz bei non-verbaler Sprache

Mein Rhetorik-Tip 65 lautet daher:

Abstand halten – Der Körperabstand zwischen Menschen beeinflusst die Kommunikation stark

 

Die Proxemik beschäftigt sich also mit dem Raumverhalten als einem Teilgebiet der nonverbalen Kommunikation. Das Empfinden dieser Distanzen bzw. des Raumes allgemein ist je nach Kultur sehr verschieden. Proxemiker erforschen das Raumverhalten von Menschen und fanden vier Distanzzonen, die aber keine Fixgrößen sind, denn abhängig ist das Raumverhalten von Menschen zueinander neben der aktuellen Position auch von kulturellen Normen, von Geschlecht, Beruf oder auch vom Temperament der Kommunikationspartner: Die intime Zone (Vertraute, Verliebte…) reicht bis etwa 60 cm, die persönliche Zone (gute Freunde, Bekannte, Familie) von 50 bis 150 cm und die gesellschaftliche oder soziale Zone (Menschen, die in sozialen Funktionen miteinander kommunizieren) von 150 bis 360 cm. Die öffentliche Zone (Theateraufführungen, Uni-Vorlesungen, auch Flucht-Distanz) ist größer als 360 cm. Quelle

In jeder Kultur variieren diese Abstände bzw. Zonen und das ist auch gut. Wichtig ist jedoch, dass wir bewusst mit diesem Abstand bzw. mit der Nähe umgehen.

 

Sehr häufig beobachte ich das Überschreiten vom angemessenen Körperabstand, wenn Macht demonstriert, Vertrauen suggeriert wird, aber auch hohe emotionale Komponenten eine Rolle spielen.

So lange es im „Eifer des Gefechts“ geschieht, reagieren viele Menschen zwar überrascht, unterstellen jedoch keine Böswilligkeit.

So bleiben Sie auf Abstand

Ist es Ihnen lieber den rechten Abstand zu wahren, dann haben Sie folgende Möglichkeiten auf „Eindringlinge“, vor allem in der Intimzone zu reagieren. In meinen Ratschlägen konzentriere ich mich auf Situationen, in denen bewusst aus Gründen der Machtdemonstration oder der aufgesetzten Vertrautheit gehandelt wird.

  1. Verändern Sie Ihre eigene Position
    Die erste Reaktion, die ich oft beobachte ist ein „Rückschritt“ der bedrängten Person. Lassen Sie sich jedoch nicht zurückdrängen, sondern weichen Sie eher zur Seite aus. Das wirkt bewusster und souveräner und signalisiert, ich bin in Kontrolle über diese Situation und ich habe die Strategie erkannt.
  2. Bauen Sie Abstand beim Hände schütteln auf
    Ist Ihnen das beschriebene Verhalten aus früheren Treffen bekannt, so schützen Sie Ihre Intimzone von Anfang an. Bauen Sie Spannung in Ihrem Unterarm auf und nutzen Sie den obligatorischen Handschlag um das Gegenüber auf Abstand zu halten. Meist wird Ihre Aktion bemerkt und das Verhalten ändert sich häufig ganz öffentlich. Manchmal werden Sie angesprochen darauf – v.a. Frauen obliegen der Falle als prüde oder abwehrend eingestuft zu werden. Je selbstverständlicher Sie das jedoch in Ihr Verhalten integrieren desto weniger wird es negativ bewertet.

  3. Sprechen Sie es offen an
    Für sehr selbstbewusst Menschen ist es ratsam, die Überschreitung der Intimzone offen anzusprechen. Beispiele sind folgende:

    • „Sie gehen heute aber auf Tuchfühlung“
    • „Womit habe ich denn so viel Aufmerksamkeit verdient“
    • „Schön, dass wir uns sooooo nahstehen, denn macht es Ihnen sicherlich nichts aus mir bei diesem oder jenem auch unter die Arme zu greifen“ – wählen Sie hier Aufgaben aus, von denen Sie eher eine Abwehr erwarteten.
    • „Sie gehen heute aber ran. Womit machen wir denn jetzt weiter?“ Vorsicht, dass die Stimmung bei solchen Äußerungen nicht umschlägt.
  4. sorgen Sie beim nächsten Mal für Abstand
    Aus meiner eigenen Praxis weis ich, dass wir immer mal wieder Menschen begegnen, die uns sehr nahe treten. Wenn wir uns dessen bewusst sind, macht es Sinn sich davor zu wappnen. Nutzen Sie die Räumlichkeiten vor Ort, um Abstand aufzubauen.

    • keine Begrüßung im Türrahmen
    • im Beisein von anderen Menschen begrüßen
    • über den Tisch oder Stuhl hinweg die Handreichen
    • die/der Erste sein, der die Hand reicht – laut Business-Knigge wäre es natürlich der Hausherr, der die Hand zum Gruße reicht, aber einige Situationen benötigen eine Ausnahme zur Regel.
  5. Reagieren Sie übertrieben –
    und dringen in die Intimzone Ihres Gesprächspartners einSofern Sie der Typ dafür sind, sprechen Sie es humorvoll, aber Wahrheitsgemäß an.

    • „Oh heute gehen wir auf Kuschelkurs“ – greifen Sie mit beiden Händen zu.
    • Drücken Sie den Arm „Heute stehen wir uns aber besonders nahe.“

     

Auch Abhängigen ist Gegenwehr gestattet

Kommen wir in meinen Seminaren auf dieses Thema zu sprechen, höre ich immer wieder „das kann ich doch nicht machen, ich will ihn doch als Kunden/das ist mein Chef etc.“.

Aus meiner Perspektive heraus hat niemand, auch der Chef oder Kunde nicht das Recht uns in unserer Intimzone zu nahe zu treten. Die angebotenen Reaktionen befinden sich alle im zivilen Rahmen und treten keinem anderen dabei zu nahe.

Wichtig ist den eigenen Weg zu finden

Wie bei vielen Dingen, gibt es hier kein Patentrezept. Ich ermuntere Sie jedoch Ihren eigenen Weg zu finden. Treten Sie  Menschen, die in Ihre Intimzone eindringen und damit anerkannte Verhaltensmuster bewusst durchbrechen und außer Kraft setzen wollen, stark und selbstverständlich entgegen.

Gute Kommunikation funktioniert nur, wenn wir auf Augenhöhe miteinander ins Gespräch kommen. Dazu gehört auch ein angemessener Körperabstand.

Kulturhinweis: Wenn Sie nicht sicher sind, welche Regeln in anderen Kulturen/Sprachräumen üblich sind, dann beobachten Sie und recherchieren Sie in der Vorbereiteung auf internationale Gespräche sorgfältig.

Frage an meine Leser

Bisher haben mir immer nur Frauen davon berichtet. Männer dringen in Ihre Intimzone ein. Daher die Fragen an meine männlichen Leser: Kennen Sie dieses Phänomen auch unter Männern bzw. von Frauen zu Männern? Ich freue mich über Antworten von beiden Seiten Frauen und Männern.

*Werbung

Hinaus in die Welt damit. Danke!

Von Judith Torma

Judith Torma ist Magistra der Rhetorik und arbeitet seit 2003 als Dozentin und Trainerin. Rhetorik kommt von Herzen und geht zu Herzen ist dabei Ihre Credo. Erleben Sie die Rednermacherin live in einem Ihrer live Webinare, denn Reden lernen wir durchs Reden.

  • […] eine ausführlichere Beschäftigung mit dem Thema „Distanz“ empfehle ich diesen […]

  • „Daher die Fragen an meine männlichen Leser: Kennen Sie dieses Phänomen auch unter Männern bzw. von Frauen zu Männern?“

    Ja, kenne ich. Und ich habe lange gebraucht, um dafür eine Reihe von Verhaltensstrategien zu entwickeln, mit denen man sicih auf sehr höfliche und trotzdem deutliche Weise Respekt verschaffen kann – während die Beziehung auf der menschlichen Ebene ungetrübt bleibt.

    Allerdigs ist meine Grundbedingung, dass diese Informationen kostenlos weitergegeben werden müssen. Daher gebe ich sie an sog. „Coaches“, „Trainer“, „Berater“ und wie sie sich alle nennen, die ihr Wissen nur gegen Cash vermitteln, nicht weiter.

  • @Bernd,

    dann beglückwünsche ich Sie – das war sicherlich harte Arbeit. Das Sie das nicht einfach so an uminöse Coeaches oder Trainer weiter geben wollen, kann ich gut nachvollziehen.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie Ihr Wissen in einem Gastbeitrag oder einem Interview mit anderen teilen wollen – das macht sicherlich Mut und regt eventuelle auch den Austausch untereinander an. Ob Sie gemeinsam mit mir aktiv werden wollen, überlasse ich ganz Ihnen. Mit herzliche Grüßen und viel Schaffenskraft Ihre eigenen Lösgungen erfolgreich in Gesprächen einzusetzen schreibe ich Ihnen diese Zeilen aus dem Westhavelland.

  • >